„Kein Wunder, dass man krank wird“
VON THOMAS HARTL
oö.planet: Herr Gstöttner, Sie waren Spitzensportler, haben es 1997 bis ins Bodybuilding-Nationalteam geschafft. Was haben Sport und Politik gemeinsam?
Martin Gstöttner: Beides sind harte Pflaster. Extremsport kann durchaus brutal sein, dort habe ich gelernt, Ehrgeiz zu entwickeln und mich auf Ziele zu fixieren. Auch den Glauben, etwas erreichen zu können, habe ich damals für mich entdeckt. Ehrgeizig Ziele zu erreichen, das ist mir auch jetzt in der Politik wichtig. Ich habe den Sport zwar professionell betrieben, dabei aber nicht vergessen, wie wichtig eine solide Berufsausbildung ist. Heute setze ich meine Kraft für sinnvolle Dinge ein, für soziale Gerechtigkeit vor allem. Für bessere Arbeitsbedingungen und vor allem dafür, dass man von seiner Arbeit auch leben kann.
oö.planet: Das Bild eines Muskelprotzes lässt sich schwer mit dem Bild eines grün denkenden Menschen verbinden. Was kam bei ihnen zuerst? Der Kraftsport oder die politische Orientierung?
Martin Gstöttner: Ich bin von Klein auf sehr politisch aufgewachsen. Mein Vater war ein linker Gewerkschafter und streng in seinen Ansichten. Mir hat bei dieser linken Ausrichtung aber immer etwas gefehlt und dieses Etwas habe ich in der Bewegung der Hainburger Au gefunden. Das hat mich fasziniert und ich habe sofort gewusst, dass diese Bewegung einmal mein politisches Zuhause wird. Ab diesem Moment war mir klar, dass mir Politik sehr wichtig ist.
oö.planet: Und der Kraftsport?
Martin Gstöttner: Damit habe ich früh begonnen, er wurde mein Sport, weil ich es liebe, auch etwas für den Körper zu tun. Ich habe zwar unter dem schlechten Image gelitten, habe aber immer versucht, eine Art Gentlemen-Bodybuilder zu sein. Neben dem Sport habe ich mich immer weitergebildet und habe schließlich den Übergang zu Beruf und Politik gut gemeistert.
oö.planet: Sie plädieren für die Abschaffung der Sommerzeit. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Martin Gstöttner: Weil die momentane Regelung nur Nachteile mit sich bringt. Viele Menschen leiden darunter. Etwa die Schichtarbeiter. Schicht zu arbeiten ist ohnehin schon schwer genug, aber die Zeitumstellung macht es noch viel schlimmer. Auch SchülerInnen und alte Menschen leiden. Sie tun sich tagelang, manchmal auch wochenlang schwer, mit der Umstellung klar zu kommen. Es gibt groß angelegte Studien, die belegen, dass der Biorhythmus gestört wird und dass man davon sogar krank wird. Man sollte die Umstellung
endlich abschaffen.
oö.planet: Apropos Gesundheit. Die AUGE-Broschüre Stopp Burn-out ist wirklich bemerkenswert gut gelungen. Burn-out war traditionell eher ein Problem des Managements, ist jetzt auch die Arbeitnehmerschaft betroffen?
Martin Gstöttner: Eindeutig ja. Es hat hier eine dramatische Entwicklung gegeben. Man muss sich nur vor Augen halten, dass psychische Erkrankungen mittlerweile das Krankheitsbild Nummer eins sind. Und das Burn-out der ArbeitnehmerInnen hat ganz klar etwas mit der Arbeit zu tun und ist nicht etwa Folge von privatem Ärger oder von Freizeitaktivitäten.
oö.planet: Inwiefern ist Arbeit dafür verantwortlich?
Martin Gstöttner: 67 Prozent aller Betroffenen geben als Grund für ihr Burn-out an, dass sie wegen des Verhaltens der Vorgesetzten in diese Situation gekommen sind. Bemängelt wird etwa, dass man kaum Anerkennung für seine Leistung bekommt, dass es statt Lob nur Schweigen gibt. Kritisiert wird man dagegen sehr schnell. Ein weiterer Grund für das Ausbrennen sind auch die vielen Überstunden. Österreich hält den Weltrekord an Überstunden. Viele sind auf Überstunden sogar angewiesen, weil ein normales Vollzeit-Gehalt oft nicht mehr zum Leben ausreicht. Schlechte Chefs, ein Übermaß an Arbeit vereint mit der Tatsache, dass man von seinem Gehalt oft kaum noch leben kann, das ist für viele einfach nicht zu verkraften. Es ist kein Wunder, wenn man dabei krank wird.
oö.planet: Abgesehen von Ihrem Engagement für bessere Arbeitsbedingungen. Warum sollte man Sie wählen und nicht etwa die Sozialdemokraten?
Martin Gstöttner: Weil nur wir eine Stimme gegen Rechts sind. Die Sozialdemokratie grenzt sich nicht eindeutig vom rechten Rand ab. Außerdem hat sie sich in ihrer Ideologie längst von einer Arbeiterpartei verabschiedet. Wir von den Grünen dagegen reden nicht nur von sozialer Verantwortung, sondern wie handeln auch danach. Mindestlohn, faires Pensionsantrittsalter, Abbau der Einkommensschere, „Sozialführerschein“ für Führungskräfte, gesunde Arbeitsbedingungen, dafür stehen wir von der AUGE.
oö.planet: Ihre Ziele für die AK-Wahl?
Martin Gstöttner: Wir wollen unbedingt Stimmen dazu gewinnen. Je mehr, desto besser. Bei dieser Wahl arbeiten wir mit den Grünen so eng zusammen wie noch nie, das hilft uns sehr. Daher möchte ich mich ausdrücklich für die Unterstützung der AUGE durch die Grüne Partei bedanken.
ZUR PERSON:
Martin Gstöttner (46) ist Landessprecher der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE) und deren Spitzenkandidat bei der Arbeiterkammerwahl.
Er arbeitet als Elektrotechniker bei Plasser Bahnbaumaschinen und fungiert dort als Behindertenvertrauensperson (Vorsitzender). Der Linzer ist Vater eines 20jährigen Sohns, in seiner Freizeit zieht es ihn in die Ferne (Städtereisen). Er bildet sich ständig und gerne weiter, als körperlichen Ausgleich trainiert er seinen Körper im Fitnesscenter.